Bekanntmachung, betreffend Änderung des § 44 der Eisenbahn-Verkehrsordnung, Einführung einer Anlage A 1 und Ergänzungen der Anlage B zu dieser Ordnung
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(Nr. 3057.) Bekanntmachung, betreffend Änderung des § 44 der Eisenbahn-Verkehrsordnung, Einführung einer Anlage A 1 und Ergänzungen der Anlage B zu dieser Ordnung. Vom 6. Juli 1904.
Auf Grund des Artikel 45 der Reichsverfassung hat der Bundesrat beschlossen:
- I. Die Bestimmungen über die Verladung und Beförderung von lebenden Tieren auf Eisenbahnen, Bekanntmachung vom 13. Juli 1879 (Zentralblatt für das Deutsche Reich S. 479), werden aufgehoben.
- II. Die Eisenbahn-Verkehrsordnung wird, wie folgt, geändert:
- 1. Im § 44 wird der letzte Satz des Abs. 4 „Die Käfige müssen luftig und geräumig sein“ gestrichen und folgende Bestimmung als Abs. 7 hinzugefügt:
- (7) Die näheren Bestimmungen über die Beförderung von lebenden Tieren sind in der Anlage A 1 enthalten.
- 2. Als Anlage A 1 werden nachstehende Bestimmungen aufgenommen:
- 1. Im § 44 wird der letzte Satz des Abs. 4 „Die Käfige müssen luftig und geräumig sein“ gestrichen und folgende Bestimmung als Abs. 7 hinzugefügt:
- II. Die Eisenbahn-Verkehrsordnung wird, wie folgt, geändert:
Nähere Bestimmungen über die Beförderung von lebenden Tieren.
[Bearbeiten]I. Verladung.
[Bearbeiten]§ 1.
[Bearbeiten]- (1) Soweit die Stationen nach den Tarifbestimmungen unbeschränkt oder beschränkt für den Viehverkehr bestimmt sind, müssen sie mit Vorrichtungen versehen sein, die den Abfertigungsbefugnissen entsprechend ein zweckmäßiges Ein- und Ausladen der Tiere gestatten.
- (2) Auf der Oberfläche der hölzernen Verladerampen müssen in zweckentsprechenden Zwischenräumen schmale Latten mit abgerundeten Kanten angebracht sein, damit die Tiere sicher fußen können. [254]
- (3) Die Oberfläche der festen Rampen darf höchstens 1:8, die der beweglichen Vorrichtungen höchstens 1:3 geneigt sein.
- (4) Die Ladebrücken müssen hinreichend breit und mit mindestens 20 Zentimeter hohen Schutzleisten an beiden Seiten sowie mit Trittlatten (siehe Abs. 2) versehen sein. Auch müssen Vorkehrungen zum Schutze gegen seitliches Abdrängen der Tiere getroffen sein.
- (5) Auf Stationen mit regelmäßigem größeren Viehversande sowie auf den Tränkstationen (§ 6) oder in deren Nähe müssen zur vorübergehenden Unterbringung des Viehes eingefriedigte Räume (Buchten, auch Bansen genannt), von denen ein angemessener Teil überdeckt sein muß, vorhanden sein. Diese von den Bahnverwaltungen zu schaffenden Räume müssen Brunnen oder eine Wasserleitung sowie Vorrichtungen enthalten, die das Anbinden, Füttern und Tränken der Tiere ermöglichen. Sie müssen in kleinere Abteilungen geteilt sein, in denen die Tiere verschiedener Gattung und das Großvieh (Pferde, auch Fohlen, einschließlich Ponies, Rindvieh, Maultiere, Esel und dergleichen), vom Kleinvieh (Schweine, Kälber, Schafe, Ziegen, Hunde, Geflügel und dergleichen) getrennt unterzubringen sind; auf Muttertiere mit saugenden Jungen findet letztere Bestimmung keine Anwendung. Der Fußboden muß so beschaffen sein, daß eine ordnungsmäßige Reinigung möglich ist
- (6) Für die vorübergehende Unterbringung der Tiere in überdeckten Räumen kann ein im Tarife festzusetzendes Standgeld erhoben werden. Das Standgeld dient zugleich als Vergütung für die Benutzung der Einrichtungen zur Fütterung und Tränkung der Tiere.
§ 2.
[Bearbeiten]- (1) Die Tiere sind in bedeckten oder in hochbordigen offenen Wagen zu befördern. In den Monaten Januar, Februar und Dezember dürfen offene Wagen nur auf Antrag des Versenders gestellt werden. Geflügel darf nur in bedeckten Wagen befördert werden.
- (2) Mehrbödige Wagen dürfen nur verwendet werden, wenn sie an den Seiten Lattenwände haben; diese müssen so weit aus dichten Brettern bestehen oder mit dichten Klappen versehen sein, daß die Tiere gegen Zugluft von unten geschützt sind und das Herausfallen von Kot und Streu verhindert wird. Diese Bestimmung findet auf die mehr als zweibödigen zur Geflügelbeförderung bestimmten Wagen keine Anwendung. Doch müssen auch bei diesen Wagen die Seitenwände aus Latten bestehen und mit Schutzleisten, die das Herausfallen von Kot und Streu verhindern, versehen sein.
- (3) Die Wagen-Unterkästen dürfen nur zur Beförderung einzelner unterwegs erkrankter Tiere benutzt werden. [255]
- (4) Die lichte Breite der zum Transporte von Großvieh zu benutzenden Wagen soll mindestens 2,60 Meter betragen.
- (5) Bei Verwendung bedeckter Wagen zur Viehverladung sind solche Wagen auszuwählen, die in der Nähe der Wagendecke an den Längs- oder Stirnseiten je 2 verschließbare Öffnungen von je mindestens 0,40 Meter Länge und 0,30 Meter Breite haben und außerdem an den Türen mit Vorrichtungen versehen sind, die ihr Offenhalten in einer Breite von 0,35 Meter bei Großvieh und von 0,15 Meter bei Kleinvieh ermöglichen. Bleiben die Türen während der Fahrt ganz geöffnet, so müssen die Türöffnungen durch einen 1,50 Meter hohen Bretterverschlag oder durch Lattengitter verstellt sein.
- (6) Die offenen Wagen müssen bei Verwendung für den Transport von Großvieh eine Bordhöhe von mindestens 1,50 Meter über dem Fußboden und bei Verwendung für den Transport von Kleinvieh eine Bordhöhe von mindestens 0,75 Meter haben.
- (7) Zum Festbinden der Tiere müssen Vorrichtungen, wie eiserne Ringe usw., in den Wagen angebracht sein.
- (8) Die Größe der Ladefläche eines jeden zur Beförderung von Tieren zu benutzenden Wagens muß an seiner Außenseite in Quadratmetern angegeben sein, und zwar bei mehrbödigen und bei den in mehrere Abteilungen geteilten Wagen derart, daß die Größe eines jeden Raumes ersichtlich ist.
- (9) Bezüglich der vorhandenen alten Wagen können Abweichungen von den Vorschriften in Abs. 4 und 5 von den Landes-Aufsichtsbehörden mit Zustimmung des Reichs-Eisenbahnamts zugelassen werden.
§ 3.
[Bearbeiten]- (1) Die zur Beförderung von Tieren zu verwendenden Käfige, Kisten, Körbe, Säcke oder anderen Behälter müssen hinlänglich geräumig und luftig sein. Die Tiere dürfen nicht geknebelt zur Beförderung aufgegeben werden.
- (2) Die Käfige usw. müssen einen dichten Boden und so weit hinauf dichte Wände haben, daß eine Verunreinigung des Wagens durch Kot und Streu möglichst ausgeschlossen ist. Diese Bestimmung findet auf Geflügelsendungen in Wagenladungen keine Anwendung. Behälter, die ganz oder zum Teil aus Latten bestehen, müssen so beschaffen sein, daß die Tiere nicht einzelne Körperteile hindurchzwängen können, auch müssen sie so hoch sein, daß die Tiere zwanglos darin stehen können. Gebrauchte Käfige usw. dürfen nur nach vorheriger gründlicher Reinigung wieder benutzt werden. Ferner müssen alle Käfige usw., die zu Transporten von voraussichtlich mehr als 36 Stunden Dauer benutzt werden, mit zweckmäßigen Vorrichtungen zum Tränken und bei Beförderung von Kleinvieh auch zum Füttern [256] der Tiere versehen sein, es sei denn, daß von seiten des Absenders für die Fütterung und Tränkung auf Unterwegsstationen in anderer Weise Vorsorge getroffen ist. Der Boden der Behälter muß mit Heu, Stroh, Sand, Torfmull oder Sägespänen bedeckt sein. Bei der Verladung ist darauf zu achten, daß zu den Behältern ausreichend frische Luft treten kann; insbesondere dürfen andere Güter nicht auf die Käfige, Kisten, Körbe usw. und diese nur dann übereinander verladen werden, wenn durch Anbringung von Leisten oder dergleichen dafür gesorgt ist, daß zwischen dem Boden des oberen und dem Deckel des unteren Behälters ein luftiger Raum von mindestens 3 Zentimeter Höhe frei bleibt.
- (3) Bei Festsetzung der größten Zahl der in einen Wagen zu verladenden Tiere ist davon auszugehen, daß Großvieh nicht aneinander und gegen die Wandung des Wagens gepreßt stehen darf. Dieser Vorschrift ist genügt, wenn ein Mann sich zwischen den eingeladenen Tieren hindurch bewegen kann. Bei der Querverladung muß außerdem zwischen den Tieren und den Wagenwänden so viel Raum bleiben, daß eine Verletzung der Tiere durch Aufscheuern und dergleichen am Kopfe oder am Hinterteile vermieden wird. Kleinvieh muß die Möglichkeit haben, sich zu legen. Die Entscheidung darüber, ob diesen Vorschriften entsprochen ist, steht dem diensthabenden Stationsbeamten zu.
- (4) Großvieh und Kleinvieh sowie Tiere verschiedener Gattung dürfen in denselben Wagen nur dann verladen werden, wenn jede Gattung durch Schranken, Bretter- oder Lattenverschläge von der anderen getrennt wird. Auch in Käfigen, Kisten und dergleichen müssen Tiere verschiedener Gattung durch Verschläge und dergleichen voneinander getrennt werden. Bei der Beförderung von Muttertieren mit saugenden Jungen finden vorstehende Beschränkungen nicht statt.
- (5) Die mit unverpacktem Geflügel beladenen Wagen sind unter Bleiverschluß zu befördern.
- (6) Das Bestreuen der Fußböden offener Wagen und der nur mit Lattenwänden versehenen bedeckten Wagen mit brennbarem Material ist unzulässig.
II. Beförderung.
[Bearbeiten]§ 4.
[Bearbeiten]- (1) Die Beförderung lebender Tiere erfolgt in Viehzügen, Güterzügen und nach näherer Bestimmung der Bahnverwaltungen in Personenzügen.
- (2) Viehzüge sollen auf Strecken mit regelmäßigem starken Viehverkehr an bestimmten von den Eisenbahnverwaltungen bekannt zu [257] machenden Tagen – regelmäßig oder nur nach Bedarf – nach den für jede Fahrplanperiode festzusetzenden Fahrplänen verkehren; sie müssen derart gelegt sein, daß der Aufenthalt für das auf den Anschlußlinien zu- und abgehende Vieh auf das unbedingt nötige Maß beschränkt wird. Bei Aufstellung der Fahrpläne ist für die Tränkstationen (§ 6) ein zur Tränkung des Viehes ausreichender Aufenthalt vorzusehen.
- (3) Steht so viel Vieh zur Beförderung, daß zu seiner Verladung mindestens 20 Achsen erforderlich sind, so ist in Ermangelung anderer Beförderungsgelegenheiten ein besonderer Viehzug abzulassen.
§ 5.
[Bearbeiten]- (1) Die durchschnittliche Geschwindigkeit der Viehzüge (§ 4 Abs. 2) darf – vorbehaltlich der Befugnis der Landes-Aufsichtsbehörde, bei besonderen Verhältnissen eine Abweichung zu gestatten – nicht weniger als 25 Kilometer in der Stunde betragen. Soweit Bestimmungen der Betriebsordnung für die Haupteisenbahnen oder der Bahnordnung für die Nebeneisenbahnen dieser Geschwindigkeit entgegenstehen, ist sie in dem dadurch bedingten Umfange zu ermäßigen.
- (2) Die für die Tränkstationen vorzusehenden Aufenthalte (§ 4 Abs. 2) bleiben bei Berechnung der durchschnittlichen Geschwindigkeit außer Betracht.
- (3) Auf die Viehzüge der Militärverwaltung findet die Bestimmung im Abs. 1 über die Geschwindigkeit keine Anwendung.
§ 6.
[Bearbeiten]- (1) Alle Tiere, deren Beförderung von der Abgangs- bis zur Bestimmungsstation 24 Stunden oder länger in Anspruch nimmt, sollen vor der Verladung vom Absender gefüttert und getränkt werden. Bei den mehr als 36 Stunden dauernden Transporten in Viehzügen hat spätestens nach je 36 Stunden eine Fütterung und Tränkung der Tiere stattzufinden, wobei unverpackte Tiere auszuladen sind. Das Aus- und Wiedereinladen der Tiere obliegt dem Absender; wenn diese Geschäfte auf Antrag des Absenders durch die Eisenbahn besorgt werden oder deren Arbeitskräfte dabei mitwirken, kann hierfür eine im Tarife festzusetzende Gebühr erhoben werden. Der Weitertransport der Tiere darf erst nach Ablauf von mindestens 6 Stunden erfolgen. Für militärische Pferdetransporte in Viehzügen gelten vorstehende Bestimmungen nicht.
- (2) Für die Fütterung und Tränkung dieser Tiere sind nach Bedarf besondere Stationen mit Einrichtungen zu versehen. Diese Stationen (sogenannte Tränkstationen) werden vom Reichs-Eisenbahnamte nach Anhörung der beteiligten Bundesregierungen bestimmt und sind in den Tarifen bekannt zu machen. [258]
§ 7.
[Bearbeiten]- (1) Das Rangieren der mit Tieren beladenen Wagen ist auf das dringendste Bedürfnis zu beschränken und stets mit besonderer Vorsicht vorzunehmen; heftiges Anstoßen ist unbedingt zu vermeiden.
- (2) Die Behälter mit Tieren dürfen beim Ein- und Ausladen nicht gestoßen, geworfen oder gestürzt werden.
§ 8.
[Bearbeiten]- Bei Transporten zur Nachtzeit müssen die Begleiter von Viehsendungen mit gut brennenden Laternen versehen sein. Die Verwendung von leicht entzündlichen Brennstoffen, wie Petroleum usw., ist verboten.
VIa.
[Bearbeiten]- Mischungen von amorphem Phosphor mit Harzen oder Fetten, deren Schmelzpunkt über 35 Grad liegt, werden zur Beförderung zugelassen, wenn sie durch Zusammenschmelzen ihrer Bestandteile hergestellt sind. Sie sind entweder in Kisten, die kein Ausstreuen gestatten, zu verpacken, oder müssen in ungeladene Geschosse eingegossen sein.
- B. in Nr. XXXVc eingefügt:
- a) hinter dem mit „Anagon-Sprengpulver“ beginnenden Absatze:
- Astralit I und II (Gemenge von Ammonsalpeter, Trinitrotoluol oder Mononitronaphthalin, Holzkohle, Holzmehl, Paraffinöl und höchstens 4 Prozent Nitroglycerin),
- b) hinter dem mit „Dahmenit A“ beginnenden Absatze:
- Gesteins-Dahmenit (Gemenge von ungefähr 80 Prozent oder mehr Ammoniaksalpeter mit festen Kohlenwasserstoffen oder Nitrokohlenwasserstoffen – Dinitrobenzol, Nitronaphthaline, Nitrotoluole – mit oder ohne Zusatz von Wurzelmehlen, Kalisalpeter, Natronsalpeter, Alkalichromaten, Alkaliphosphaten, Braunstein oder Blutlaugensalz),
- c) hinter dem mit „Favierschem Sprengstoffe“ beginnenden Absatze:
- Fulmenit (Gemenge von Ammonsalpeter, Trinitrotoluol, Holzkohle, Paraffinöl und höchstens 4 Prozent Schießwolle), [259]
- d) hinter dem mit „Roburit 1 T“ beginnenden Absatze:
- Roburit II (Gemenge von Trinitrotoluol, Mehl, Kalisalpeter, Chlornatrium, Kaliumpermanganat, Ammoniaksalpeter),
- Roburit IIa, (Gemenge von Trinitrotoluol, Mehl, Kalisalpeter, Ammonsulfat, Kaliumpermanganat, Ammoniaksalpeter),
- e) hinter dem mit „Gesteins-Westfalit B“ beginnenden Absatze:
- Gesteins-Westfalit C (Gemenge von Ammoniumnitrat, Dinitrotoluol und Aluminiumpulver),
- a) hinter dem mit „Anagon-Sprengpulver“ beginnenden Absatze:
- C. hinter XLVIII folgende Nummer eingeschaltet:
- B. in Nr. XXXVc eingefügt:
XLVIIIa.
[Bearbeiten]- Natrium und Kalium sind in starken Blechbüchsen mit verlötetem Deckel oder in starken, dicht verschlossenen Glasflaschen zu versenden, die mit Petroleum beschickt oder trocken sein müssen. Die Glasflaschen sind in Kieselguhr einzubetten. Die Blechbüchsen oder die Glasflaschen müssen in Holzkisten, die mit verlötetem Blecheinsatz ausgestattet sind, verpackt sein.
- Die Bestimmungen unter 3 treten sofort in Kraft.
- Berlin, den 6. Juli 1904.